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REFEREE ATTACKIERT

Fans sangen: „Die Blonde wird gef****, olé, olé“

Matthias Mödl

Die deutsche Fußball-Schiedsrichterin Fabienne Michel wurde vor kurzem Zielscheibe schlimmer sexistischer Beleidigungen. Fans sangen in ihre Richtung: „Die Blonde wird gef****, olé, olé“. Die deutsche Teamkapitänin Giulia Gwinn rückte rund um das Nations-League-Spiel gegen Österreich das Thema noch einmal in den Mittelpunkt. Sara Telek, Österreichs Schiedsrichterin des Jahres, sagt: „Gesellschaften entwickeln und verändern sich, doch am Fußballplatz scheint die Zeit oft stehen geblieben.“


Was war passiert? Beim Spiel zwischen Rot-Weiss Essen und dem SC Verl in der deutschen 3. Liga prallte heuer Schiedsrichterin Fabienne Michel unglücklich mit einem Essener Spieler zusammen, der dadurch ein Gegentor nicht verhindern kann. Im Anschluss sangen die Fans „Die Blonde wird gef****, olé, olé“ und schrien „Hure“.

Die deutsche Fußball-Teamkapitänin Giulia Gwinn hatte rund um das Nations-League-Spiel gegen Österreich die Vorfälle noch einmal scharf kritisiert: „Das ist in meinen Augen bodenlos. Da gilt es für uns als Frauen, gesellschaftlich und im Fußball, zusammenstehen. Das darf man nicht so hinnehmen. Dass wir uns 2025 damit noch beschäftigen müssen, ist unglaublich.“

Bild: DFB

„Es braucht starke Meinungen“
Gwinn unterstrich: „Wir sollten auch in Zukunft mal anecken, auch wenn es unbequem wird, auch wenn man weiß, das Gesagte wird auf Gegenwind stoßen. Es braucht starke Meinungen, starke Persönlichkeiten, um etwas voranzubringen.“

Thaya Vester, die an der Uni Tübingen zu Diskriminierungserfahrungen von Schiedsrichterinnen forscht, erklärte im „Tagesspiegel: „Sexismus ist im Fußball so verbreitet und normalisiert, dass er häufig nicht als solcher erkannt und benannt wird. Viele haben das Narrativ verinnerlicht, dass so etwas im Fußball dazugehört.“

Bild: AFP, instagram, krone.at-grafik

„Kein Mann wird zum Oralverkehr aufgefordert“
Bezeichnend für sie: Im „4zu3 – der 3. Liga Podcast“ von „Magenta Sport“ wurden die Gesänge zwar verurteilt, aber ein Gesprächspartner sagte auch: „Was werden männliche Schiedsrichter seit Jahren im Stadion beleidigt (...) Da gibt es überhaupt keine Ermittlungen (...) und jetzt betrifft es eine Frau und da wird direkt der Kontrollausschuss tätig. Das finde ich in Zeiten der Gleichberechtigung nicht richtig.“

Dass diese Aussagen in einem Podcast des Senders, der die Dritte Liga überträgt, getätigt wurden, findet Vester „fatal“. „Sogar dort gibt es kein Problembewusstsein“. Natürlich sollte man auch dagegen vorgehen, dass männliche Schiedsrichter beleidigt und angegangen werden. Aber keinem Mann wird sexualisierte Gewalt angedroht. Und kein Mann wird zum Oralverkehr aufgefordert.“

„Der letzte Hort der absoluten Männlichkeit“
Das Fazit von Vester, die auch Mitglied in der DFB-Expertengruppe „Fair Play – gegen Gewalt und Diskriminierung“ ist, lautet: „Das Ganze ist nicht einfach ein gesamtgesellschaftliches Problem. Es ist auch ein spezielles Problem des Fußballs. Viele sehen den Fußball immer noch als letzten Hort der absoluten Männlichkeit an, wo bestimmte Dinge erlaubt sind.“

Bild: GEPA

„Kommt ungeniert zum Vorschein“
Sara Telek, Österreichs Schiedsrichterin des Jahres, nickt: „Gesellschaften entwickeln und verändern sich, doch am Fußballplatz scheint die Zeit oft stehen geblieben. Inakzeptable Verhaltensweisen kommen ungeniert zum Vorschein und werden verharmlost. Toleriert man diese Umgangsform legitimiert man Diskriminierung. Es braucht Vorbilder – diesmal der DFB und Fabienne Michel, indem sie aufzeigen, thematisieren und Grenzen setzen, zum Umdenken bewegen, auf und abseits des Fußballplatzes.“

Welche Negativerlebnisse hatte Telek schon? Die FIFA-Schiedsrichterin sagt: „Unterschiedlichste, doch ich versuche sie bewusst nicht im Kopf zu behalten, denn die positiven Erlebnisse überwiegen.“


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